L275 Haslach - Bad Waldsee: Hunger, Durst, und regelmäßig Gebissprobleme

Besuche auf Baustellen sind oftmals Glücksache, wenn es um den richtigen Zeitpunkt geht. Natürlich wünscht sich jeder Straßenbauer, auf ein fertiges oder fast fertiges Werk verweisen zu können. Aber die perfekt gebaute Straße verbirgt die ganzen Arbeitsschritte und Mühen, welche dem Resultat vorangingen. Zwischen Haslach und Bad Waldsee kam man im Oktober zur rechten Zeit, um den Beginn einer großen Straßenbaustelle auf der L275 mitzuerleben. STORZ sorgte unter der Bauleitung von Alexander Lauber in zwei Bauabschnitten auf insgesamt 6 km Länge für neue Fahrbahndecken. Doch vor dem Einbau musste der alte Asphalt erst einmal ausgebaut werden.

„Das machen in unserem Auftrag die Kollegen von Kutter aus Memmingen“, sagt STORZ-Polier Cosimo Di Muro, der seinen Gast mit italienischer Höflichkeit und Herzlichkeit auf seiner Baustelle begrüßt. “Sie erleben den Beginn der Arbeiten hier mit. Aber Vorsicht! Gleich wird es laut!“ Die Fahrt vom Hofgut Elchenreute in Richtung Haslach führt durch einen Wald, in angenehmer Ruhe.

Doch auf dem Feld dahinter steht eine Maschine von der Dimension einer ausgewachsenen Rangierlokomotive. „Das ist eine Großfräse, welche die Fahrbahndecke in einer Breite bis zu 2,2 m abtragen kann. Sie hat heute Morgen die 1,8 km bis Haslach abgefräst und befindet sich jetzt auf dem Rückweg. Wir fräsen mit diesem Monster hier nur 10 cm der alten Fahrbahndecke ab, um nicht auf die Frostschutzschicht zu kommen“, erklärt Di Muro mit lauter Stimme. Je mehr man sich dieser Riesenmaschine nähert, desto weniger ist eine Unterhaltung möglich. Von Waldesruh‘ keine Spur mehr!

Die STORZ-Kollegen des Poliers – Baugeräteführer Sergio De Vittorio, Facharbeiter Zadic Berisha, Azubi Kai Hämmerle - erledigen unterstützende Arbeiten. Heute ist ihre Stunde als Straßenbauer noch nicht gekommen. Sie sorgen für Sauberkeit auf der Baustelle und dafür, dass die vielen Sattelschlepper, welche das Fräsgut aufnehmen, immer freie Fahrt haben. Jeweils 26 Tonnen speit diese Fräse innerhalb weniger Minuten über ihr Förderband aus. Im langsamen Schritttempo verleibt sie sich zuvor den harten, aber ausgedienten Fahrbahnbelag dieser Landesstraße ein. In ihrem Cockpit steuert der Fahrer mit sanften Bewegungen des Joysticks das Riesengerät, während die ganze Maschine faucht und rüttelt. Alle zehn Sekunden betätigt er eine Hupe, um dem jeweiligen LKW-Fahrer zu bedeuten, eine Aufliegerlänge vorzufahren.

Nach dem fünften LKW schaltet der Fräsen-Fahrer den Motor auf Leerlauf. Das kakophone Fortissimo erstirbt. Was für eine Erleichterung! Der Maschinist kriecht unter die Maschine, nachdem er zuvor hydraulisch die große Fräswalze angehoben hat. Auf ihr sind insgesamt 185 Meißel eingeklinkt. „Die müssen wir regelmäßig auswechseln“, sagt er. „Nach jedem fünften LKW sind einige Meißel verbraucht. Das merkt man dann am Fräsbild.“ Mit einem Hammer löst er ein halbes Dutzend dieser Hartmetallmeißel und ersetzt sie durch neue.

Polier Di Muro schaut sich diese Zahnpflege der besonderen Art ebenfalls an, nachdem er die Höhe des Abtrags mit seinem Zollstock kontrolliert hat. „Es ist schon unglaublich, wie schnell man hier mit diesen modernen Maschinen arbeiten kann“, sagt er. „Allein in diesem ersten Bauabschnitt werden über 4.000 Tonnen Material abgefräst. Die Sattelschlepper transportieren diesen Ausbauasphalt ins Asphaltmischwerk Ingoldingen, wo er aufbereitet wird. Kann sein, dass wir dieses Material hier wieder einbauen.“

Insgesamt haben die Storzianer hier 36.000 m2 Fahrbahnen zu erneuern, mit 10 cm Trag- und 4 cm Deckschicht. Dazu gehört auch die Bankettstabilisierung mit dem mineralischen Additiv „Novocrete“ auf insgesamt 12 km. 750 m Entwässerungsleitungen sind zu bauen. Ein Auftrag von rund 1,5 Mio. Euro. „Das hier war eine richtige Buckelpiste, die eine Sanierung bitter nötig hatte“, meint Di Muro. Er muss es wissen, denn über diese Landesstraße führt sein täglicher Weg zur Arbeit.

Inzwischen hat sich die Großfräse auf ihren vier Kettenlaufwerken hundert Meter weiter bewegt zum bereitstehenden Tankwagen. Ihr Maschinist füllt 4.000 Liter Wasser nach, welches eine zu große Staubentwicklung verhindern soll. „Sehen Sie“, lacht er, „so eine Fräse ist irgendwie menschlich. Sie hat Hunger, sie hat Durst und regelmäßig Gebissprobleme!“

Auch Di Muro lacht. Aber man hat das Gefühl, dass er nicht unzufrieden ist, wenn dieses Monster endlich seine Arbeit erledigt hat. Dann könnten seine Storzianer nach diesem Asphaltausbau endlich mit dem Einbau der neuen Fahrbahn beginnen.

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