Titisee-Neustadt: Ein Schwergewicht verschwindet im Untergrund

Es war selbst für erfahrene Bauleute ein ungewöhnlicher Anlass und eine Szene mit Seltenheitswert: Anfang März baumelte ein mehr als 25 Tonnen schweres Sammelbauwerk in Titisee-Neustadt am Haken eines Schwerlastkrans. Die Spezialanfertigung verschwand nach wenigen Augenblicken sechs Meter tief im Untergrund der Hochkreuzung in Neustadt. Hier wird sie als zentrales Element der Kanalisation Ringstraße, Hauptstraße und Titiseestraße verbinden und das Mischwasser künftig in Richtung Kläranlage im Gutachtal abführen.

STORZ-Bauleiter Arne Hensle und Polier Waldemar Schroth dürften die Herzen durchaus geklopft haben, als das graue Schwergewicht durch die Luft schwebte. Mit Geschick und einer gewissen Leichtigkeit gab Maschinist Günther Gottlieb dem Koloss schließlich mit dem Löffel seines 40-Tonnen-Baggers einen kleinen Schubs und verband ihn so mit einem bereits eingebauten Kanalrohr. „Das sieht einfach aus, ist aber Millimeterarbeit“, kommentierte sein Capo Waldemar Schroth. Mit gekonnter Vorarbeit war es den Storzianern gelungen, präzise die Erdarbeiten in der Baugrube durchzuführen, die höhengenaue Aufstandsfläche herzustellen und die verschiedenen Höhenlagen der Bestandskanalisation zusammenzuführen.

Immerhin sorgte diese Szene für reichlich Publikum an der Kreuzung. Nicht nur die Verantwortlichen von Seiten der Stadt Titisee-Neustadt sowie des betreuenden Ingenieurbüros hatten sich eingefunden. Auch einige Schaulustige gönnten sich diesen seltenen Blick in den Untergrund ihrer Gemeinde. Dieses Schachtbauwerk repräsentierte immerhin einen Gegenwert von rund 30.000 €. Die Bernhard Müller Betonsteinwerk GmbH in Achern hatte es nach Maß angefertigt.

Dasselbe Unternehmen hat auch die Kanalrohre hergestellt und geliefert, welche in großer Anzahl an der Ringstraße aufgestapelt auf ihre Verlegung warten. „Dieses sind sehr haltbare Stahlbeton-Elemente, die innen mit einer Kunststoffschicht aus Polyethylen ausgekleidet sind. Man nennt sie ‚Inliner‘“, erklärt Waldemar Schroth. In der Tat sind diese Röhren mit abgeplattetem Standfuß durch ihre gelbe Auskleidung unübersehbar. “Die Stadt wollte sichergehen und hat deshalb auch Mehrkosten nicht gescheut“, erklärt dazu Michael Glück, städtischer Bauleiter. „Diese Sanierung hier ist bitter nötig, denn die vorhandenen Kanäle stammen noch aus den 70er Jahren und sind marode. Außerdem stimmt ihre Dimensionierung mit den heutigen Erfordernissen nicht mehr überein.“

Im November haben Polier Schroth und seine Kollegen hier begonnen: die Facharbeiter Viktor Hermann und Viktor Maier sowie Baugeräteführer Günther Gottlieb. Unterbrochen wurden ihre Arbeiten allerdings durch den langen und schneereichen Winter. Bauleiter Arne Hensle: „Wir erledigen hier den kompletten Leitungsbau. Neben dem Kanal werden auch Medienkabel, Wasser- und Fernwärmeleitungen eingebaut. Jedes Haus bekommt individuelle Anschlüsse. Randsteine und Gehwege werden erneuert, und später wird STORZ auch für eine neue Fahrbahndecke sorgen. Das ist schon eine große Baustelle!“ Storzianer werden hier in Neustadt aller Voraussicht nach das ganze Jahr 2021 über beschäftigt sein.

Dass diese Baustelle auch ausgesprochen kompliziert ist, zeigt der Blick in die tiefe Baugrube des Sammelbauwerks. Hier laufen nicht nur alte und neue Kanäle zusammen, sondern auch Versorgungsleitungen jeglicher Art sowie die Fernwärmeversorgung. Nicht zu sehen ist eine 20-KV-Leitung, die man vorsichtshalber hatte verlegen müssen. “Wir bauen hier außerdem in einem sehr verkehrsreichen Umfeld“, ergänzt Schroth. In unmittelbarer Nähe der vielbefahrenen Straßen befinde sich zudem das Neustädter Schulzentrum. Sicherheit sei hier oberstes Gebot.

Trotz allem macht der Polier einen ausgesprochen vergnügten Eindruck: „Ich baue gerne in Neustadt. Das ist schon meine achte Baustelle hier“, lächelt Waldemar Schroth.

Zurück